Vereinsgeschichte

Die Geschichte desFahrten-Segler Jörsfelde e.V.

Schon gegen Ende des 19. und Anfang des 20 Jahrhunderts zeigte sich eine deutlich regionale Verdichtung der Segelvereine im Großraum Berlin. Dies erschien auch wenig verwunderlich, da sowohl das Stadtgebiet von Berlin als auch sein Umland mit den vielen Seen, Kanälen und Flüssen ideale Voraussetzungen für den Wassersport boten. Eine kleine Gruppe von jungen Reinickendorfer Freunden, die in Paddel- und Segelbooten auf dem Wasser Erholung und Entspannung suchten, beschlossen im Jahre 1929, ebenfalls einen Segelverein zu gründen. Am 29 Juli 1929 fand in dem Restaurant “Zur schönen Aussicht” in der Birkenstraße 22 in Jörsfelde (dem heutigen Edeltrautweg) die Gründungsveranstaltung statt.

Erstes Domizil in Tegelort 1929

Gründungsmitglieder waren die Kameraden:
K. Anders, H. Kussorow, W. Schmidt, F. u. W. Bierhals, H. Laufer, W. Sorau, A. Günther, W. Lindecke, H. u. W. Strehmel, A. Kreft, E. Mierchens, H. Thews, A. u. E. Kummerow, G. Paech, H. Witte
Man gab dem Verein den Namen: “FREIE SEGLER JÖRSFELDE”, abgekürzt FSJ.

Zum ersten Vorsitzenden wurde Alfred Kreft gewählt. Nun fanden regelmäßig Mitgliederversammlungen und gemeinsame Veranstaltungen statt. Als Clubraum diente das Schlossrestaurant “Zur schönen Aussicht”. Ein eigener Bootsplatz stand den Kameraden noch nicht zur Verfügung.

Zu dieser Zeit gab es bereits mehrere Dachverbände des deutschen Segelsports. Den Deutschen Segler Verband, der 1888 in Hamburg von 12 Segelvereinen gegründet, an die Aufnahme von Mitgliedsvereinen bestimmte gesellschaftliche Voraussetzungen knüpfte. Den Deutschen Segler-Bund, der 1912 in Berlin gegründet worden war und weitgehend frei von gesellschaftlichen Bindungen agierte. Den 1889 gegründeten Berliner Wettsegel Verband, dem organisatorischen Vorläufer des Freien Segler – Verbandes, ein selbständiger Arbeitersegelverband, der sich neben dem Wettkampfsegeln auch dem volkstümlichen Segeln mit geringen Mitteln verpflichtete. Die Freien Segler Jörsfelde entschieden sich, dem Freien Segler-Verband (FSV) anzugehören.

Bootshaus in der Hennigsdorfer Straße 59, ab 1940

Durch die sich schnell vergrößernde Mitgliedschaft, die schon ein Jahr nach der Gründung auf ca. 35 Mitglieder angewachsen war und einen Bestand von nun 21 Booten umfasste und auch eine Jugendabteilung pflegte, entstand der Wunsch nach einem eigenen Klubheim. Dieser Wunsch konnte 1931 erfüllt werden. Man pachtete in der Hennigsdorfer Straße 59 ein Grundstück und errichtete dort ein Vereinshaus. Hinzu kamen mit viel Arbeitsaufwand und eigener Hände Leistung, ein Bootssteg und einige Wochenendunterkünfte.

In der Zeit von 1931 übernahm Alfred Blaffert den 1. Vorsitz des Vereins und gab diesen 1932 an Walter Bokowski weiter. Alfred Blaffert wurde überdies im gleichem Jahr 1. Verbandsschrift- führer des Freien Segler-Verbandes. Bald auch stellen sich erste Erfolge bei Regatten ein. Gesegelt wurde bei verschiedenen Gruppen- und Kreiswettfahrten, später auch bei Verbandswettfahrten. Zu den typischen Bootklassen zählten Nationale Jollen, 15qm und 20qm Jollenkreuzer, sowie Wanderjollen und Ausgleichsjollen.

Die politische Entwicklung ab 1933, begann auch auf den gesamten Sport einzuwirken. Im Mai 1933 wurden durch den Reichssportkommissar grundsätzliche Richtlinien für die Gleichschaltung des Sports erlassen. Im September 1933 wurde mit der Gründung des Deutschen Wassersportverbandes eine NS-Einheitsorganisation für alle deutschen Wassersportvereine der Bereiche Segeln, Rudern, Paddeln und Motorbootfahren geschaf- fen. Damit waren alle ehemaligen Wassersportverbände aufgelöst. Nach mehrfacher Überprüfung der Vereinsmitglieder sowie des Vorstandes auf die so genannte “politische Zuverlässigkeit” erfolgte die vorläufige Aufnahme in den Deutschen Segler Verband. Es gab fortan keinen Vorsitzenden mehr, sondern einen Vereinsführer und die Mitgliedsversammlungen waren Kameradschaftsabende. So wurde es auch erforderlich, parallel zu den Veränderungen im Verband den Vereinsnahmen zu ändern. Auf alle Bezeichnungen, die Hinweise auf die alte Tradition aus der Arbeiterbewegung liefern konnten musste verzichtet werden. So hieß der Verein fortan: “FAHRTEN-SEGLER JÖRSFELDE“. Damit konnte immerhin das Vereinskürzel, “FSJ” beibehalten werden.

Dieses Schicksal der Umbenennung teilte man mit einigen anderen Berliner Vereinen. Das Amt des 1. Vorsitzenden (Vereinsführers) gab Walter Bokowski 1935 an Willy Großmann weiter, der den Verein bis 1939 leitete. Der Mitgliederbestand von ca. 24 Personen und die Anzahl von16 Booten blieb bis 1940 annähernd gleich. 1940 kam dann der Sportbetrieb durch die Kriegsereignisse langsam zum Erliegen. Die ersten Sportkameraden wurden zum Kriegsdienst eingezogen. Zusätzlich erschwert wurde der Fortbestand des Vereins durch den Zwangsverkauf des gepachteten Grundstücks Hennigsdorfer Straße 59 an eine Firma, die mit Rüstungsaufgaben betraut war. Der neue Eigentümer überließ dem Verein jedoch ein Stück Wiese am Ufer und etwas Material. Damit konnte ein bescheidenes Bootshaus gebaut werden und das Vereinsleben wurde mit der Auflage, maximal 20 Mitglieder zu führen, eingeschränkt fortgeführt. In der schweren Zeit des Krieges haben unter anderem Georg Wolff, Willi Bierhals und Fritz Scholz den Besitz gehütet und bis zum Kriegsende über die Runden gebracht. Durch den Krieg verloren die Kameraden Alex Posselt, Franz Bierhals mit Frau und Tochter und Willi Kruse ihr Leben.

Kameraden 1942

Nach Kriegsende zeigte sich, dass dem Verein größere materielle Verluste erspart geblieben waren. Der Bootsbestand war zum größten Teil unbeschadet erhalten. Vereine sämtlicher Art waren zunächst jedoch verboten. Der Sport konnte nur als Kommunalsport betrieben werden. Man wagte aber nicht, die noch vorhandenen Boote ins Wasser zu bringen, weil man befürchtete, dass sie beschlagnahmt würden. Ab 1947 wurde dann die Bildung von Sportvereinen in Berlin wieder genehmigt. Am 6. August 1950 fand die erste Versammlung nach dem Krieg statt, auf der die Neugründung des Vereins zum beschlossen wurde. Den 1. Vorsitz übernahm Fritz Scholz. Darüber hinaus schloss man sich dem Neugegründeten Berliner Segler-Verband, den organisatorischen Zusammenschluss aller West Berliner Segelvereine an. Der Neugründungstag vom 6. August 1950 wurde dann durch Beschluss einer Mitgliederversammlung am 16.12.1951 aufgehoben und das Erstgründungsdatum “29. Juli 1929″ als Geburtsstunde des Vereins rückwirkend wieder aufgenommen. 1951/52 führte der Deutsche Segler-Verband erstmals wieder einen Seglertag durch. Die Kameraden Fritz Scholz und Wilhelm Eyben nahmen daran teil, da es galt den Neugegründeten Verein zu präsentieren. Da sich die Anzahl der Mitglieder nun langsam wieder steigerte und der Bootsbestand stetig zunahm, waren die räumlichen Gegebenheiten auf dem Grundstück Hennigsdorfer Straße 59 nicht mehr ausreichend. Mit der nahe gelegenen Liegenschaft, Hennigsdorfer Straße 39, bot sich 1954 ein schönes Wassergrundstück zum Kauf an, zu dessen Bestand auch ein 1898 errichtetes Fabrikgebäude gehörte. Der für dieses Grundstück veranschlagte Kaufpreis von 18.000 DM war für die Mitglieder seiner Zeit eine unvorstellbare Summe. Mit vielen Überlegungen und gutem Verhandlungsgeschick gelang es dem Kameraden Fritz Scholz, für einen Teilbetrag ein Totodarlehen zu beschaffen.

Hennigsdorfer Straße 39, Mitte der 50er Jahre

Den restlichen Kaufpreis mussten die Mitglieder aufbringen. Dies war für die meisten Kameraden in der Zeit des Finanziellen Neuanfangs eine außerordentliche Belastung, die nur mit anderweitigem Verzicht zu bewerkstelligen war. Der damalige Kassierer, Georg Wolff, hatte es nicht leicht, die anstehenden Raten zu bezahlen. Die wichtigste Aufgabe für die Vereinsmitglieder bestand fortan im Bau, Ausbau, bzw. in der Renovierung des Neuen, vereinseigenen Geländes. Einfallsreichtum, Bereitwilligkeit zur Mitarbeit und die Bereitschaft zu bescheidenem finanziellen Engagement wurden zu einer Selbstverständlichkeit. Ohne dieses Maß an Solidarität wäre es dem Verein kaum möglich gewesen die anstehenden Aufgaben zu bewältigen. Zu den ersten, wichtigen Bautätigkeiten zählten unter anderem die Errichtung einer Hafenanlage, der Abriss eines großen Fabrikschornsteins, den Ausbau des bestehenden Fabrikgebäudes mit einem Klubraum und die Schaffung von Umkleideschränken sowie von Wochenendkabinen.

Anfang der 60er Jahre erfolgte der Bau einer neue WC- Anlage und einer Küche. Boote wie die O-Jolle, das Finn-Dinghy und der Pirat, die H- und Rennjolle sowie die 15qm und 20qm Jollenkreuzer waren zu dieser Zeit die Sportgeräte der Kameraden, mit denen das Fahrtensegeln sowie auch das Regattasegeln auf regionaler Ebene betrieben wurde. Einige dieser Boote entstanden im Bootsschuppen sogar im Selbstbau. 1967 übernahm Franz Zuschneid den 1. Vorsitz des Vereins und gab diesen 1973 an Gerhard Kohl weiter. Langsam fand in zunehmendem Maße der Kunststoff im Bootsbau Verwendung. Zunächst wurde diese Entwicklung recht skeptisch betrachtet, doch sie ließ sich nicht aufhalten. Der Anteil der Kunststoffboote nahm beharrlich zu. So wurde 1971 der erste Optimist aus diesem Material der Jugendabteilung übergeben. In den 70er Jahren nahm die Beteiligung an Wettfahrten ständig zu. Die größer werdende Jugendabteilung vertrat den Verein erfolgreich auch außerhalb Berlins und bei Deutschen Meisterschaften. Erfolge wurden ebenfalls von den Kameraden in der O-Jolle und der Folkeboot-Klasse ersegelt. Die Fahrtensegler unternahmen zunehmend Ausflüge auf eigenem Kiel zur Ostsee.

Den gestiegenen Ansprüchen folgte alsbald auch der Wunsch nach einem neuen und modernen Klubraum. Dieser Wunsch konnte mit dem Beginn einer Umbauphase ab 1974 erfüllt werden. Überwiegend in Eigenleistung wurde dabei aus dem ehemaligen Bootsschuppen das neue Klubhaus geschaffen. Der ehemals große Raum erhielt eine mobile Trennwand. Die Wände und Decken wurden verkleidet. Den Fußboden wertete ein keramischer Fliesenbelag auf. Ein großzügig verglaster Eingang, zusätzliche Fenster und Lichtkuppeln, sowie ein neuer Tresen und großzügige Sitzgruppen mit einer Vitrine vervollständigten den Umbau des Clubhauses. Hinzu kamen moderne Duschen und eine größere Küche. Darüber hinaus wurde der Werkstattschuppen mit einer neuen Fassadenverkleidung versehen, der Parkplatz wurde befestigt und über der Terrasse konnte eine Pergola errichtet werden. In den 80er Jahren vollzog sich ein zunehmender Wandel des Bootsbestandes. Aus den ehemals vorherrschenden Jollen und Jollenkreuzern wurden zunehmend Kielboote. Dadurch nahm das Interesse an der Fahrtensegelei weiter zu. Es wurden verstärkt Fahrten zur Ostsee unternommen.

Optimistenregatta 1974

Trotz dieser Entwicklung wurde auch weiterhin erfolgreich der Regattasport betrieben. Größere Erfolge konnten in der O-Jollenklasse und in der Klasse der Jollenkreuzer bei regionalen und internationalen Meisterschaften erzielt werden. 1989 übernahm Wolfgang Zarnikau den 1. Vorsitz des Vereins. Die zunehmend größer werdenden Boote machten es erforderlich, unsere Hafenanlage den gestiegenen Bedürfnissen anzupassen. So gelang es durch geschicktes Agieren bei den Behörden, eine Stegverlängerung zu erwirken. Bereits vorher wurde eine zweite Slipanlage gebaut und die Slipwinde konnte den Notwendigkeiten angepasst werden. Weitere Modernisierungsarbeiten wie der Einbau einer Zentralheizung und der gesetzlich geforderte Anschluss an die öffentliche Be- und Entwässerungsanlage wurden vorgenommen.

Durch den Fall der Mauer 1989, veränderte sich die sportliche Situation für den Verein erheblich. Nicht nur, dass nun die im Norden von Berlin gelegenen Wassersportzentren leicht zugänglich wurden, sondern auch, weil das Heimatrevier des FSJ, der Niederneuendorfer See, sich fortan in seiner ganzen Ausdehnung für den Segelsport nutzen ließ. War doch zuvor der See und die weiterführende Havel bis zur Hälfte gesperrtes und gut bewachtes Grenzgebiet gewesen. Seither wird der Verein von vielen Wassersportlern auf ihrem Weg von und nach Berlin gerne als wegbegleitende Anlaufstelle genutzt.

1998 gab Wolfgang Zarnikau den 1. Vorsitz an Christian Müller weiter, der dieses Amt bis heute bekleidet. Für 48 Sportfreunde mit 25 Booten ist der FSJ derzeit sportliche Heimat. Leider ist der Regattasport auf Grund der Altersstruktur unserer Mitglieder derzeit etwas in den Hintergrund getreten. Neben einzelnen Yardstick-Regatten und der Durchführung zweier Jugendregatten, bestimmt das Fahrtensegeln den Großteil der sportlichen Aktivitäten.

Unser Anliegen ist es, die Jugend für den Segelsport zu begeistern und zu befähigen, unser Werk und das Werk unser Vorgänger zu übernehmen und den Verein “Fahrten-Segler Jörsfelde e.V.” zum 100-jährigen Vereinsjubiläum zu führen.

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